Die Suche nach „dem“ Pferd

 

Auf die Frage: „Was suchst du denn für ein Pferd?“ oder „Welche Rasse?“ gab es von mir nur sehr wage Antworten. „Es muß einfach zu mir passen und ‚klick’ machen...“

 

Meine Vorstellungen:

Ein Pferd zwischen 1,50 und 1,60 m (max. 1,65 m Stockmaß), eher Wallach als Stute, zwischen 6 und 9 Jahre alt, geritten – gerne auch gefahren – viel Mähne und eher dunkel.

 

Mmmmh, wenn ich es mir so recht überlege paßt so keines meiner „Auserwählten“ da so richtig rein...

 

Nach dem „Entschluß“ (haha, man könnte auch sagen: der wagen Idee ein Pferd zu kaufen..) habe ich mir mal – nur so zum Gucken – Pferdezeitschriften besorgt... sollte ich meinen Kindheitstraum wahr werden lassen – so ganz einfach???

 

Im Pferdeanzeiger stand er dann drin, ein polnischer Warmblut-Braunschecke, 1,63 m groß, 6 Jahre alt geritten und gefahren, geländesicher bei einem Händler in Warendorf. Er hatte einen hohen Braunanteil, insbesondere Kopf und Hals waren braun und sonst eine super gleichmässige Zeichnung. Dirk hat mir dann gut zugeredet dort auch tatsächlich anzurufen und auch hinzufahren... gesagt, getan... An einem Samstag hin und verguckt... aber habe es nicht so direkt zugegeben. Das Pferd wurde laufen gelassen, mir vorgeritten in der Halle und draussen um einen See herum und ich bin auch selbst aufgestiegen... alles machte einen korrekten und kompetenten Eindruck... aber HALT... das erste Pferd das man sich anguckt kauft man doch nicht – oder doch?... Eine Woche später nach viel Hin und Her noch mal hin... mit dem Hotte ins Gelände spazieren gehen, noch mal Probe reiten, Papiere eingesehen... ok: KAUFVERTRAG unter Bedingung einer bestandenen AKU... Das Pferd sollte noch zwei Wochen dort bleiben und dann sollte ich ihn MEINEN Wallach abholen, Kaufvertrag habe ich unterschrieben mitgenommen... Es kam gänzlich anders, am Mittwoch vor dem Abholtermin, Anruf beim Händler: Ja, Tierarzt kommt am gleichen Tag, es wird zurückgerufen. Passiert auch und dann der Horroranruf: „Tut mir leid, ich kann ihnen das Pferd nicht mehr verkaufen, Diagnose – periodische Augenentzündung – Sorry, die weitere AKU wurde gar nicht mehr durchgeführt...“ ........... SCH.... ein Traum platzt... und was passiert mit dem Pferd... ich habe mich nicht getraut wirklich zu fragen... aber das der Händler ein krankes Pferd nicht behält ist wohl auch klar...

Nach ein paar Tagen erschienen mir aber auch zusätzliche Ungereimtheiten, so war das Pferd trotz Verkauf an mich weiterhin in der Zeitung und im Internet angeboten zu einem höheren Preis – habe eine Freundin dort anrufen lassen, aber da war er nicht mehr da. Eine kleine Stimme in mir hofft eigentlich, dass der Händler mich belogen hat und nur mehr Geld für ihn bekommen hat und er noch lebt – aber das sind wohl eher meine Beruhigungsgedanken...

 

Danach habe ich mir ein paar Hottes angesehen, aber das war nicht das Richtige – entweder zu klein, unausbalanciert, hässlich (sorry, aber auch das gibt es...)

 

Dann hörte ich von Freibergern, zig Homepages durchwühlt bis ich auf einer Seite in der Eifel gelandet bin. Dort lebt eine Familie die Freiberger nach Deutschland holt und dann hier verkauft, die Freiberger stammen direkt vom schweizer Züchter und werden an die passenden Leute vermittelt. Super, Freiberger: gute Größe, ausgeglichenes Temperament, nicht zu schmal gebaut... Angerufen: ja am Samstag kommen welche, ein Wallach und eine Stute...

Hingefahren UND super schöne Pferde... wirklich toll... die Stute ein Traum in schokobraun... leider (für mich und meinen Ausbildungsstand) bekommt man die guten Pferde meist nur sehr jung. Die Zucht ist nicht so riesig und wird durch strenge Zuchtauswahl (Feldtest usw.) gering gehalten, außerdem kauft die schweizer Armee auch immer noch einen Teil der Pferde... Als wir da sind kommt uns der Wallach (Vortag angekommen aus der Schweiz) vor der Kutsche entgegen, als ob er noch nie in einer anderen Umgebung unterwegs war. Die Stute war ebenfalls morgens schon im Gelände – UND beide waren bereits verkauft... *schnief

Dann fast 3 Stunden mit den Leuten geredet und man verspricht: wir holen dir ein Pferd, dass passt bestimmt zu dir und dann bist du die erste die kommt und ihn sich ansieht... Bekomme Fotos zu sehen und freue mich darauf ihn einen Monat später zu sehen... , Rückfragen bei anderen Freiberger Besitzern bestätigen meinen guten Eindruck, meine Reitlehrerin würde mir helfen... also insgesamt gute Voraussetzungen...

Es vergeht ein Monat, ich schreibe noch diverse andere Verkäufer an, aber es ist weiter nichts dabei...

Also wieder in die Eifel... die Pferde sind gerade erst da, steigen aber aus wie immer dort gewesen... ein Brauner mit kurzgeschorener Mähne (ist in der Schweiz Tradition) und wachen grossen Augen soll vielleicht mal meiner sein... aber dann mache ich einen totalen Bockmist (sorry ist aber so...) lasse mich von meiner Euphorie über den schönen Wallach und seinen Ausdruck, die Aussagen vom Züchter usw. überrumpeln und gehe ausreiten mit ihm und einem Begleitpferd.... hier braucht niemand mehr einen Kommentar abzugeben, das war

- leichtsinnig, fahrlässig, lebensgefährlich, unverantwortlich, dämlich usw.

Und ist eigentlich nicht meine Art bin noch NIE auf ein Pferd gestiegen, was man mir nicht vorgeritten hat und ich mir das Pferd danach noch zugetraut habe und bin noch NIE direkt ausgeritten – ich SCHWÖRE!!! Bin eigentlich eher übervorsichtig...

Aber hier habe ich es getan... Fazit: Pferd nervös, irgendwann Sattel schief, grosse Wiese, Pferd springt im Bewegungsdrang zur Seite auf der der Sattel schon hängt und geht ab... Ich liege unten, Pferd rennt, bleibt dann aber zum Glück stehen... Rückweg zu Fuss... alle sind entsetzt und ich merke auf dem Rückweg aus der Eifel, daßss ich meinen Arm immer weniger bewegen kann: Spaltbruch im Radiusköpfchen (=Ellenbogen) = 5 Tage Gips, der Rest muss unter Bewegung heilen... die Schmerzen haben sich dann doch eingebrannt... leider in ein paar kleineren Alpträumen... insgesamt dauert das ganze 5 Wochen, bis zur kompletten Heilung 7 Wochen...

Das Pferd wird in Deutschland dann nicht verkauft, da sich so schnell niemand passendes finden lässt und er soll nicht an irgendwen – und ich kann ihn einfach nicht kaufen – weiss nicht ob ich mir und ihm wieder vertrauen könnte und wie gesagt ausprobieren noch mal ging ja erstmal nicht... Der Züchter hat ihn wieder mit in die Schweiz genommen und versprochen dort jemand passendes zu finden... er war sehr entsetzt über das was passiert ist... ich hoffe das Pferd hat jetzt auch seinen Menschen gefunden, denn er trägt überhaupt keine Schuld daran, das war menschengemachter Unsinn...

 

Pferdekauf verschoben auf unbestimmt – DACHTE ich...

 

Schaue dann aber doch noch die Anzeigen durch, aber so richtig gefällt mir nichts... oder die Pferde scheiden nach Rückfragen beim Verkäufer aus (buckelnd, nicht ganz so einfach...)

 

Die Besi von Ollie wollen sich dann einen LAG-Stall in Holland ansehen fragen ob ich zur Ablenkung nicht mit will: JA will ich... und dann hätte sie da noch eine Anzeige gesehen im Kaltblutpferde-Forum von einer Tinkerstute: Jacky, 7 Jahre alt, 1,50 m groß, Winterrappe...

Das läge doch auf dem Weg, man könnte doch mal...

Ich sehe dann noch eine Friesen-Merens-Mix-Stute in der Gegend und schon sind wieder zwei Termine verabredet für den gleichen Tag...

Es ist Pfingstsonntag...

die Familie holt uns in Belgien an der Autobahn ab, sie haben Jacky in Belgien in einem Offenstall untergebracht, da es eine entsprechende Unterbringung auf deutscher Seite nicht gab...

Dann sehe ich Jacky zum ersten Mal, da ist sie noch fast schwarz, ganz lieb und vertrauensvoll kommt sie auf uns zu... Kommentar Birgit: „Dirk, ich glaube, wenn Tanja sie nicht nimmt....!“ Jacky wird frei laufen gelassen und reagiert auf Stimmkommandos super auch rückwärtsrichten usw. kein Problem... danach wird geputzt und gesattelt... die Besi sind einfach nur ehrlich: sie haben Jahr gekauft als sie 3 ½ Jahre alt war, jetzt ist sie fast acht. Es fehlt die Zeit in die Ausbildung die notwendige Zeit weiter zu stecken und Jacky ist sehr menschenbezogen, ihr fehlt die Ansprache. Leider hat die Geländeerfahrung in den letzten Jahren nicht mehr so sehr steigern können, da die Wege so schlecht sind und die Zeit fehlt. Jacky aber benimmt sich mustergültig. Präsentiert sich ruhig und ausgeglichen und in schöner Dehnungshaltung, geht schön alle drei Gangarten... und dann die Frage aller Fragen: „Willst du sie mal reiten?“ Will ich das wirklich, nach meinem Sturz habe ich auf keinem Pferd mehr gesessen... aber sie ist so lieb... JA ICH WILL... und Jacky schafft es mir Sicherheit zu vermitteln... ein großes Super-Plus für sie... und die Besitzer haben keinen Zeitdruck beim Verkauf, sie suchen den Menschen der für Jacky passt...

Aber nicht wieder eine Kurschlussentscheidung, morgen kommt noch jemand für Jacky und ich habe ja noch einen Termin...

 

Kurz: die Friesen-Merens-Stute war schon auf der eigenen Weide ein Nervenbündel und hatte körperliche Macken, angeblich von der Zucht... also keine Alternative zu Jacky...

 

Erstmal was essen gehen, reden über Jacky, nachdenken, fühlen und dann: JA ich will sie haben, wenn die Besitzer sie mir verkaufen würden... also anrufen und von den Besitzern kommt: “Ja, wir haben ein gutes Gefühl, werden den Termin morgen früh zwar noch machen, aber unser Gefühl sagt ja zu dir”... ich biete an Jackys neues zu Hause kennen zu lernen und das macht die komplette Familie am nächsten Tag und da steht auch fest ich werde Jacky übernehmen... Beide Seiten fühlen sich wohl mit der Entscheidung, auch wenn ich mich noch nicht traue mich zu freuen – zu viel ist bei der Pferdesuche schon schief gegangen...

Aber jetzt geht alles glatt, am 7. Juni 2007 holen wir Jacky ab – meine kleine Tinkerstute, der diese Homepage hautpsächlich gewidmet ist.

 

VIELEN DANK an alle die mich diese Zeit über begleitet habe, denn ich glaube ich war teilweise echt unausstehlich...

 

Unseren weiteren gemeinsamen Weg (Ausbildung) könnt ihr alle hier auf der Homepage verfolgen und Jackys persönliche Meinung in ihrem Tagebuch...

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(C) copyright by Tanja Defoßé